Mit viel Gefühl nähern wir uns bei altem Baumbestand Ihrer gewünschten Durchfahrtshöhe an. Starkäste sowie stammnahe Äste versuchen wir mit kreativen Lösungen zu erhalten.
Hierzu ein interessanter Rechtsbeitrag von Ass. jur. Helge Breloer über das Verhältnis Verkehrssicherungspflicht und Freischneiden des Lichtraumprofiles an öffentlichen Straßen.
Ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden vom 2. Oktober 1996 – 6 U 321/96 -(Stadt und Grün 1997 (10), 727) stellt grundsätzlich klar, welche Anforderungen einerseits an das Freischneiden des Lichtraumprofils und andererseits an das Verhalten des Kraftfahrzeugfahrers auf Straßen mit Bäumen zu stellen sind. 1. Kein Gesetz über Lichtraumprofil Es gibt keine gesetzliche Vorschrift, die das Lichtraumprofil ausdrücklich erwähnt oder anordnet, dass die Kronen der Straßenbäume in einer bestimmten Höhe über der Fahrbahn zurückzuschneiden sind. Die Pflicht zum Freischneiden des Luftraums über den Straßen folgt daraus, dass nach § 32 Abs.1 Nr. 2 StVZO im Straßenverkehr Fahrzeuge bis zu 4 m Höhe zugelassen sind und diesen Fahrzeugen folglich ein gefahrloses Befahren der Straßen ermöglicht werden muss. Dabei entspricht die öffentlich – rechtliche gestaltete Amtspflicht zur Sorge für die Verkehrssicherheit inhaltlich der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht. Diese umfasst neben den notwendigen Maßnahmen zur Herbeiführung und Erhaltung eines für den Straßenbenutzer hinreichend sicheren Straßenzustands auch die Freihaltung des Luftraums über der Straße von hereinragenden Ästen. 2. Umfang der Pflicht zum Freischneiden des Lichtraumprofils Die allgemeinen Grundsätze über die Verkehrssicherungspflicht an Straßen haben sowohl der Bundesgerichtshof1) wie auch mehrere Oberlandesgerichte2) hinsichtlich der Einhaltung des Lichtraumprofils dahingehend ausgelegt, dass es die Verkehrssicherungspflicht nicht erfordert, den Luftraum über Straßen generell in der nach § 32 Abs.1 Nr.2 StVZO für Fahrzeuge geltenden maximalen Höhe von 4 m freizuhalten. Das OLG Dresden legt sich in seinen Entscheidungsgründen nicht auf die letztlich erforderliche Höhe mit Zahlenangaben fest. Es steht an keiner Stelle, dass für das Lichtraumprofil beispielsweise bis zu einer Höhe von 4,5 m Äste entfernt werden müssen. Es heißt nur, dass ein Fahrzeug mit 4 m Höhe die Straße gefahrlos benutzen können muss. „Bis zu welcher Höhe der Verkehrsraum von hereinragenden Ästen freizuhalten ist, hängt vielmehr von der Verkehrsbedeutung der Straße ab. Ihre Verkehrssicherheit und das ökologische Interesse an der Erhaltung alten Baumbestands sind gegeneinander abzuwägen.“ 3. Das ökologische Interesse an der Erhaltung des Baumbestands Das Umweltbewusstsein hat auch in der Rechtsprechung seinen Niederschlag gefunden. Der Hinweis auf die Abwägung zwischen Verkehrssicherheit und dem Interesse an der Baumerhaltung ist seit 1992 in der Rechtsprechung zur Verkehrssicherungspflicht für Bäume zu finden. So hatte sich beispielsweise das OLG Hamm3) mit einem Unfall zu befassen, bei dem ein Wohnmobil mit seinen Aufbauten gegen einen in 3,6 m Höhe in die Fahrbahn geneigten Platanenstamm gefahren war. In den Urteilsgründen heißt es auch: 4. Die Anhaltepflicht des Kraftfahrers Das Schleswig-Holsteinische OLG hatte in einem Urteil vom 7. April 19934) ebenso argumentiert. Es ging in dem zugrundeliegenden Rechtsstreit um einen Lkw – Fahrer, der in einem Wohngebiet gegen den unterhalb von 4 m Höhe in die Fahrbahn ragenden Ast gefahren war. Hier hatte das Gericht verlangt, dass der Fahrer notfalls hätte anhalten müssen, wenn die Straße bei entgegenkommendem Verkehr nicht breit genug zum Ausweichen gewesen sei. Das OLG Dresden hat im vorliegenden Fall diese Anhaltepflicht sogar dem Kraftfahrzeugführer auf einer Bundesstraße auferlegt. Er hätte, „wenn er wegen des Gegenverkehrs an dem Baum nicht mehr mit einem ausreichendem Abstand vorbeifahren konnte, vorher anhalten müssen, um den grob sorgfaltswidrig handelnden Überholer passieren zu lassen.“ 5. Die Pflicht zum Freischneiden des Lichtraumprofils an Bundesstraßen und Ausfallstraßen Das Mitverschulden des Geschädigten kann in einem unterschiedlichen Prozentsatz seinen Schadensersatzanspruch mindern, es enthebt den Baumeigentümer aber nicht von seiner grundsätzlichen Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich des Lichtraumprofils. Diese Verkehrssicherungspflicht wiederum beinhaltet nicht notwendigerweise, dass der Luftraum an allen Straßen gleichermaßen völlig in der für Fahrzeuge mit Maximalabmessungen notwendigen Höhe freizuhalten ist. Mit zunehmendem Verkehrsaufkommen sind aber strengere Maßstäbe an die Verkehrssicherungspflicht anzulegen. Dazu führt das OLG Dresden aus: 6. Verkehrszeichen zum eingeschränkten Lichtraumprofil entbinden nicht von der Haftung Beachtung verdient auch die nur in einem Nebensatz enthaltende Klarstellung des OLG Dresden, dass Warnschilder mit Hinweis auf ein eingeschränktes Lichtraumprofil, wie sie durch die StVZO zugelassen sind, nicht geeignet sind, die Haftung des Baumeigentümers für in die Fahrbahn hineinragende Äste auszuschließen. Das wird vielfach angenommen, weil Gerichte hier ein Mitverschulden des Kfz-Fahrers – je nach Fallgestaltung – angenommen haben. Aber allein durch Hinweisschilder lässt sich grundsätzlich keine Haftung ausschließen, sondern der Umfang der Haftung kann unter Umständen eingeschränkt werden. Das gilt in anderen Fällen der Verkehrssicherungspflicht ebenso für das Schild „Betreten auf eigene Gefahr“ wie für andere Hinweisschilder auf mögliche Gefahren.
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